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Organisationsethik

Moderator des Bereichs: Prof. Dr. Dr. Alexander Brink

1. Einleitung

Seit Mitte der 1980er Jahre ist im deutschsprachigen Raum eine zunehmende Sensibilisierung für wirtschaftsethische Fragestellungen zu beobachten. Korruptionsaffären, horrende Managergehälter bei gleichzeitigen Massenentlassungen, Shareholder-Value-Management, Bilanz- und Umweltskandale, schlechte Arbeitsbedingungen in Drittweltländern sind einige Themen, die in der Öffentlichkeit zu einer kritischen Diskussion über die soziale Verantwortung von Unternehmen geführt haben. Mittlerweile ist sowohl auf der theoretischen als auch auf der praktischen Seite ein starkes Interesse an der Klärung normativer Grundlagen sozialverantwortlichen Wirtschaftens festzustellen:

In der Wissenschaft nimmt man eine zunehmende Akademisierung wahr: Es gibt eine steigende Zahl an Publikationen und Konferenzen, Gründungen von Instituten Lehrstühlen, Forschungsprojekten, Studiengängen, wissenschaftlichen Journals etc. In der Managementpraxis nimmt man ein verstärktes Interesse und Integrationsbestrebungen wahr: Aktuelle Themen wie Corporate Social Responsibility, Corporate Good Governance, Corporate Citizenship, Sustainability-Management, Global Compact, Ethical Investment sind nur einige Beispiele. Die Wirtschafts- und Unternehmensethik ist dabei eine Schnittstellen-Wissenschaft, die zwischen den zwei zentralen Wissenschaften der Ökonomik und der Ethik vermittelt.

2. Grundlagen

2.1 Ökonomik und Ökonomie

Unter Ökonomie versteht man gemeinhin die „Wirtschaft“, wohingegen Ökonomik die Wissenschaft von der Wirtschaft ist. Grundsatz der Ökonomik ist das ökonomische Prinzip (Wirtschaftlichkeitsprinzip), nach dem vernünftiges wirtschaftliches Handeln unter den Bedingungen knapper Mittel zur Erreichung wirtschaftlicher Ziele (z.B. Nutzenmaximierung bei privaten Haushalten, Gewinnmaximierung bei Unternehmen) erfolgen sollte. Die hierfür grundlegenden Fragestellungen lauten: „Wie erreiche ich ein gegebenes Ziel mit möglichst geringem Aufwand?“ (Minimal-Prinzip) oder umgekehrt: „Wie erreiche ich bei einem gegebenen Input einen maximalen Output?“ (Maximal-Prinzip). Ökonomik setzt sich folglich mit der Erklärung und Gestaltung von Interaktionen auf der Grundlage individueller Vorteils-/Nachteils-Kalkulationen auseinander.

2.2 Ethik und Moral

Während die Moral die Gesamtheit der gemeinhin akzeptierten Verhaltensnormen einer Gesellschaft beziehungsweise die in einer Gruppe oder Organisation tatsächlich geltenden und notfalls erzwingbaren Normen bezeichnet, versteht man unter Ethik die Reflexionstheorie der Moral. Üblicherweise verbindet man mit Ethik Fragen wie „Was soll ich tun?“oder „Wie handle ich moralisch legitim?“. Als Wissenschaft will die Ethik durch vernunftbestimmte Reflexion gültige Aussagen über das gute und gerechte Handeln sowie wünschbare Zustände finden.

2.3 Verhältnis von Ökonomik und Ethik

Ökonomie – so war die landläufige Meinung – hat in den Wissenschaften wertfrei zu sein. Die Diskussion, Werte in die Wirtschaftswissenschaften, also in die Betriebs- und Volkswirtschaftslehre aufzunehmen, ist jedoch nicht neu. Schon in der Antike waren Ethik, Ökonomie und Politik in der aristotelischen Trias zusammengefasst. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich jedoch aufgrund zunehmender Arbeitsteilung und der Ausdifferenzierung akademischer Reflexion diese Einheit aufgespalten. Eine Rückführung der stark spezialisierten Einzelwissenschaften zur Interdisziplinarität scheint nicht nur aus wissenschaftlicher Perspektive dringend angeraten, sondern auch, weil die gegenwärtigen ökonomische Themen immer komplexere gesellschaftspolitische Dimensionen annehmen. Als wissenschaftliche Disziplin versucht die Wirtschafts- und Unternehmensethik dieser Herausforderung gerecht zu werden.

2.4. Ebenen-Konzeption der Wirtschafts- und Unternehmensethik

Ökonomie und Ethik stehen immer schon in einer grundlegenden Beziehung zueinander: Das Management eines Unternehmens ist nie frei von ethischer Rationalität und Ethik impliziert auch ökonomische Rationalität. Die Ebenen-Konzeption von Ethik und Management spiegelt diesen Gedanken wieder. Dabei lässt sich das Verhältnis von Ökonomie und Ethik in Abhängigkeit vom Aggregationszustand der Handlungssubjekte auf vier Handlungsebenen, der Mi kro-, der Meso-, der Makro- und der Superebene beschreiben. Es handelt sich um Handlungsebenen, da auf allen Ebenen das handelnde Individuum mehr oder weniger involviert ist, auch wenn es z.B. auf der Mesoebene innerhalb einer Institution bzw. innerhalb eines Unternehmens agiert. Den vier Handlungsebenen werden spezifische Begriffe zugeteilt: Die individuelle Ebene umschreibt die Führungsethik (Mikroebene), die institutionelle Ebene die Unternehmensethik (Mesoebene) und die gesellschaftliche Ebene die Wirtschaftsethik (Makroebene). Im Zuge der fortschreitenden Globalisierung und mit Einzug der internationalen Unternehmensethik kommt es zu einer vierten internationalen Handlungsebene (Superebene). Neben den Handlungsebenen werden auch Handlungsträger unterschieden. Auf der Mikroebene ist der Handlungsträger das Individuum als Person. Auf der Makroebene bildet die aggregierte Zahl der Individuen den Handlungsträger, auf der Mesoebene ist der Handlungsträger das Unternehmen bzw. die Institution. Auf allen Ebenen sollen einzelethische bzw. einzelökonomische inhaltliche Bezüge hergestellt werden und auf die ethische Grundfrage nach dem Guten zurückgeführt werden.

Handlungsebene Handlungsträger Handlungsfeld
Mikroebene Individuum als Person Führungsethik
Mesoebene Unternehmen, Institutionen Unternehmens-/
Managementethik
Makroebene Aggregation der Individuen,
Gesellschaft Wirtschaftsethik
Superebene Weltgemeinschaft Internationale Wirtschafts- und Unternehmensethik

Tabelle 1: Ebenen-Konzeption der Wirtschafts- und Unternehmensethik

2.5 Individual- und Institutionenethik

Eine für die Wirtschafts- und Unternehmensethik wesentliche Unterscheidung ist die nach Individual- und Institutionenethik. Unter Individualethik versteht man eine Ethik der Person. Man stellt zum Beispiel die Frage: Unter welchen Bedingungen handeln Individuen moralisch? Das Gewissen und die Verantwortung des Einzelnen umfassen das moralische Subjekt. Systematischer Ort der Moral ist das Individuum. Die Institutionenethik hingegen fragt nach der Ethik der Institution: Unter welchen Bedingungen „handeln“ Institutionen moralisch? Systematischer Ort der Moral ist hierbei die Rahmenordnung. Institutionenethik sucht nach den ethischen Rahmenbedingungen individuellen Handelns die dem gerechten Zusammenleben aller dienen. Mit Zunahme der Handlungssubjekte auf den oben beschriebenen Handlungsebenen, also mit Verlagerung von der Mikro- auf die Superebene, steigt die Bedeutung der Institutionenethik, die der Individualethik nimmt tendenziell ab. Der Grund hierfür liegt in der Zunahme der Anonymität und der damit einhergehenden Reduktion einer funktionsfähigen Zugriffsmöglichkeit der Rahmenbedingung auf konkretes Handeln.

Gerade im normalen Business-Alltag eines Unternehmens führt ein individualethischer Ansatz alleine oftmals zu Dilemmata mit anschließender Resignation. Moralische und ökonomische Ziele sind häufig unvereinbar, wenn versucht wird individualethisch einen ökonomischen Konfliktfall (Kosten von moralisches Handeln > Nutzen von moralischem Handeln) zu lösen. Die Folge ist, dass moralische Ziele zugunsten ökonomischer Rationalität vernachlässigt werden. Da moralisches Handeln mit Kosten verbunden ist, bietet sich die ordnungspolitische Strategie einer Institutionenethik an, um den ökonomischen Konfliktfall positiv zugunsten ethischen Handelns aufzulösen. Dadurch, dass Institutionen geschaffen werden, welche ethisches Verhalten belohnen und unmoralisches Handeln sanktionieren, wird aus dem ökonomischen Konfliktfall ein positiver Kompatibilitätsfall, indem moralische Ziele mit ökonomischer Markt- und Wettbewerbsrationalität in Einklang gebracht werden. Erfolgt kein ordnungspolitischer Eingriff, sondern lediglich eine individualethische Begrenzung des ökonomischen Handelns, wird moralisches Verhalten gegenüber unmoralischem Handeln langfristig bestraft und kann so zu einem Verdrängungswettbewerb führen.

3. Theorien der Wirtschafts- und Unternehmensethik

4. Ethisch-normative Managementkonzepte

4.1 Stakeholdermanagement

Unternehmerisches Handeln steht in einem permanenten Spannungsfeld divergierender Stakeholderinteressen innerhalb einer zunehmend komplexeren Umwelt. Dabei können Stakeholder sowohl abstrakte Institutionen (z.B. Fiskus, Umwelt), Gruppen (z.B. Aktionäre, Zulieferer) als auch einzelne Individuen (z.B. Mitarbeiter, Kunden) sein, die eine Unternehmung beeinflussen bzw. die durch unternehmerisches Agieren beeinflusst werden. Diskursethisch gesprochen ist der Stakeholder der Betroffene, sozialphilosophisch allgemeiner gesprochen der anerkannte Andere.

Die Grundlagen des Stakholderkonzepts stammen aus der Anreiz-Beitrags-Theorie sowie aus der Koalitions- bzw. Austauschtheorie, nach der das Unternehmen als Anspruchskoalition verschiedener Teilnehmer mit unterschiedlichen Interessen zu begreifen ist. Jede Anspruchsgruppe verfolgt eigene Interessen, die untereinander in einem wechselseitigen Verhältnis stehen. Nunmehr wird in der Wissenschaft zwischen einem strategischen und einem normativen Stakeholdermanagement unterschieden. Bei einem strategischen Stakeholdermanagment berücksichtigt die Unternehmensführung die Interessen der Stakeholder lediglich aufgrund möglicher positiver ökonomischer Effekte. Im Vergleich dazu wird beim normativen Stakeholdermanagement den legitimen Stakeholderinteressen einen Wert an sich zugeschrieben und diese werden nicht nur instrumental der Unternehmenssicherung dienend angesehen. Ein diskursethischer Stakeholderdialog bestimmt die Legitimation der Ansprüche.

4.2 Value-Based-Responsibility

Value-Based-Responsibility (VBR) ist eine strategische Managementkonzeption, die ein Shareholder-Value-Management mit verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln verbindet und auf Alexander Brink und Klaus Puell zurückgeht. Brink/Puell haben mit dem VBR-Ansatz ein strategisches Führungskonzept entworfen, das verantwortungsvolle und zugleich wertorientierte Unternehmensführung theoretisch und systematisch in einem übergreifenden, integrierten Führungs- und Steuerungssystem für global agierende Unternehmen zusammenführt. In diesem Sinne erfolgt die Ausgestaltung sowohl als regulative Idee wie auch als Managementtool.

Die Unternehmen übernehmen in diesem Verständnis Verantwortung für ihr Handeln, wobei diese sich vor dem Hintergrund der Globalisierung auf sämtliche Stakeholder beziehen muss. In einer zielgerichteten Stakeholderanalyse sollen Unternehmen deshalb die möglichen Interessen und legitimen Ansprüche der Stakeholder evaluieren und deren Berücksichtigung systematisch in die Unternehmensführung einbeziehen. Durch den entstehenden gesellschaftspolitisch ausgerichteten Dialog können eine Erhöhung des unternehmerischen Glaubwürdigkeitspotentials sowie eine Reduktion von Risiko und Kapitalkosten sich mittelbar positiv auf den Unternehmenswert auswirken. Im Rahmen der ökonomischen Konzeption wird die Anwendung des VBR-Ansatzes über die konzeptuelle Einbindung des Stakeholderkonzeptes in das Shareholder-Value-Konzept begründet. Dazu wird aus dem Stakeholderkonzept der Anspruch abgeleitet, dass ein Unternehmen seine Existenz auf Dauer nur legitimieren und sichern kann, wenn es ihm gelingt, die relevanten Stakeholderbedürfnisse angemessen zu berücksichtigen.

4.3 Corporate Social Responsibility

Es gibt zahlreiche Ansätze Corporate Social Responsibility (CSR) zu definieren, wobei es die eine Antwort auf die Frage nach dem richtigen Maße unternehmerischer Verantwortung wohl nicht gibt. Der CSR-Begriff wird in der Literatur uneinheitlich definiert. Jedoch liegt ihm grundsätzlich eine freiwillige Übernahme von gesellschaftspolitischer Verantwortung durch das Unternehmen zu Grunde. Motive für gesellschaftspolitische Verantwortung können dabei freiwillige Selbstbeschränkung, moralische Gebote (Sitten, Gebräuche), Marktwirtschaftsnotwendigkeit (Verantwortung fördert Shareholder-Value) oder politische Rahmenbedingungen (Gesetze) sein. Eine der prominentesten CSR-Kategorisierungen ist die Pyramid of Corporate Social Responsibility von Archie B. Carroll Anfang der Neunziger des letzten Jahrhunderts. Hierbei identifiziert Carroll im Wesentlichen vier Ebenen der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, die nur in ihrer Summe für ein systematisches CSR-Management stehen.

CSR-Management steht nach Carroll nicht nur für Engagement auf den Ebenen (iii) und/oder (iv), sondern umfasst auch auf ökonomischer (i) und legaler Ebene (ii) verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln. Die verschiedenen Ebenen (i)-(iv) weisen nur unterschiedliche Grade der Freiwilligkeit auf, die tendenziell in Richtung der Pyramidenspitze zunehmen. Carroll zufolge muss jedes gesellschaftlich verantwortungsbewusst agierendes Unternehmen zunächst innerhalb der geltenden Gesetzte ökonomisch effizient wirtschaften. Die Ebenen (i) und (ii) zielen hierbei auf den Kern jeglicher unternehmerischer Tätigkeit ab, ohne ihre Erfüllung ist ethische und soziale Aktivität unerreichbar. Ebene (iii) zeigt, dass CSR mehr bedeutet als die Erfüllung ökonomischer und legaler Pflichten. Carroll fordert von einem Unternehmen ein Handeln, was richtig und gerecht, eben ethisch geboten ist. Darüber hinaus umfasst CSR-Management mit Ebene (iv) eine Orientierung an dem, was sozial wünschenswert wäre. Aktivitäten auf den Ebenen (iii) und (iv) stellen den öffentlichkeitswirksamen Teil von CSR dar und beziehen sich auf meist freiwillig erbrachte intern und/oder extern wirksame Handlungen mit ethisch-moralischem Anspruch. Inhalte von CSR-Aktiviäten sind beispielsweise Entwicklungshilfe, energie- und umweltpolitische Fragen, Human Resources, faire Geschäftspraktiken, Öffnung der Emerging Markets oder die Frage nach der unternehmerischen Verantwortung hinsichtlich der Einhaltung internationaler Menschenrechte.
4.4 Corporate Citizenship

Corporate Citizenship (CC) bezeichnet gesellschaftliches Engagement von Unternehmen, welches mittel- und langfristig in die unternehmerische Strategie eingebunden ist. Dabei engagiert sich das Unternehmen über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinaus als „guter Bürger“ aktiv für Belange der Gesellschaft. Hinter dem Corporate-Citizenship-Gedankenverbirgt sich die Tatsache, dass in der heutigen globalisierten Welt staatliche Institutionen nicht mehr in der Lage sind, gesellschaftliche Probleme alleine zu lösen. Die Komplexität der heutigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen fordert die Zivilgesellschaft und im besonderen Maße die immer mehr an Macht gewinnenden Unternehmen aktiv dazu auf, durch zivilgesellschaftliches Engagement Verantwortung zu übernehmen. Das Unternehmen selbst wird dabei als Corporate Citizen zu einem handelnden Bürger, der freiwillig gemeinwohlorientiert agiert und so zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beiträgt. Corporate Citizenship umfasst im engeren Sinne Corporate Giving (Förderung von Vereinen und Einrichtungen mit Geld- und Sachspenden) sowie Corporate Volunteering (Förderung von Vereinen und Einrichtungen durch Personal- oder Sacheinsatz). Im weiteren Sinne versteht man unter Corporate Citizenship die freiwillige Selbstverpflichtungen ordnungspolitische Mitverantwortung zu übernehmen. Einige Beispiele hierfür sind die Klimaschutz-Selbstverpflichtung der Deutschen Industrie, der Global Compact oder die Global Reporting Initiative.

5. Implementierungsinstrumente

5.1 Ethik-Kodizes

Kodizes sind schriftlich fixierte, also explizite Sollensvorschriften bzw. freiwillige Selbstverpflichtungen, an die sich Institutionen sowie Individuen binden können. Ethik-Kodizessind Dokumente, die in schriftlicher Form Handlungsgrundsätze (Normen) beschreiben, die über moralische Relevanz verfügen und für alle Akteure eines Unternehmens verbindlich sein sollen. Durch die Implementierung dauerhafter, verbindlicher Normensysteme soll eine Steigerung der moralischen Sensibilität und der „moral awareness“innerhalb eines Unternehmens erzielt werden und die Stabilisierung einer „moral identity“ der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen erreicht werden. 90% der us-amerikanischen Unternehmen haben bereits Ethik-Kodizes. In den letzten Jahren ist eine auch in Europa eine deutliche Zunahme der Bedeutung von Kodizes Unternehmen zu verzeichnen. Beispiele für institutionenethische Kodizes sind der Deutsche Corporate-Governance-Kodex, Responsible Care, oder der Global Compact für individualethische Kodizes der Sarbanes-Oxley Act of 2002 oder ein Manager-Eid.

Im Wesentlichen lassen sich zwei wichtige Kodexarten unterscheiden: Codes of Ethics und Codes of Conduct. Im Vergleich zu einem Code of Conduct ist ein Code of Ethics allgemeiner und beinhaltet weniger Prinzipien, welche Sollensvorschriften und nicht Muss-Vorschriften beinhalten und sich an alle Stakeholder und nicht bloß an die Mitarbeiter wendet.

Merkmale Codes of Ethics Codes of Conduct
Ebenenwirkung Basisannahmen und Normen/Werte Konkretes Verhalten und Normen/Werte
Beeinflussung Indirekte Beeinflussung von Verhalten Direkte Beeinflussung von Verhalten
Konkretheit eher unkonkret, abstrakt (ought, should) eher konkret (must)
Prinzipien/Regel Prinzipien Regel
Adressaten Stakeholder Mitarbeiter
Verbindlichkeit eher schwach eher stark

Tabelle: Merkmale der Kodexarten

5.2 Ethik-Kommissionen

Neben Ethik-Kodizes sind Ethik-Kommissionen (Ethics Committees of the Board of Directors) ein beliebtes Instrument, um Ethik in ein Unternehmen zu implementieren. Diese unterscheiden sich in der Schwerpunktsetzung vor allem abhängig von Unternehmensbranche und Unternehmensgröße. In kleineren Unternehmen gibt es häufig nur sog. Ethics-Officers in größeren institutionalisierte Ethik-Kommissionen oder Ethik-Abteilungen. Im Vergleich zu den USA, wo Mitte der 1990er schon ein drittel der Unternehmen auf diese Art Ethik in das alltägliche Business-Geschäft implementierten, sind Ethik-Kommissionen in deutschen Unternehmen nur schwach vorhanden. Aufgabenkomplexe von Ethik-Kommissionen in der Wirtschaft sind beispielsweise die Beratung bei ökonomischen Entscheidungsproblemen, Stärkung der Public- und Investor-Relations oder die Klärung von unternehmerischen Transaktionen.
Die Tätigkeit der Kommissionsmitglieder umfasst dabei die Beobachtung der ethischen Aktivitäten des Unternehmens, die aktive Entwicklung der Unternehmenspolitik, Beantwortung von Anfragen über Zweifelsfälle oder interne Behandlung von Verletzungen des unternehmerischen „Codes of Conduct“. Die Personelle Zusammensetzung sollte wechselnd erfolgen und alle Stakeholder repräsentieren, indem die Kommission interdisziplinär zusammengesetzt ist, d.h. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie externe Teilnehmer umfasst.

5.3 Ethik-Trainings

Ethik-Trainings sind eine weitere Möglichkeit Ethik in Unternehmen zu implementieren. Dabei werden Ethik-Trainings vor allem in “betroffenen” Abteilungen und “exponierten” Bereichen durchgeführt. Das Interesse an Ethikausbildungen ist in den letzten beiden Dekaden enorm gestiegen. In den USA haben 30-50% der größeren Unternehmen bereits regelmäßig stattfindende Ethik-Trainings für Manager. Der Nutzen von Ethik-Schulungen wird von diversen empirischen Studien untermauert.

Die Idee von Ethik-Trainings ist es auf individualethischer Ebene Ethik in ein Unternehmen zu implementieren. Es wird davon ausgegangen, dass die Ursache für unmoralisches Verhalten Unvermögen und nicht Absicht ist. Es kann also durch Trainings und Schulungen eine Erhöhung der ethischen Sensibilität eines Managers und eine Verbesserung von dessen moralisch-kognitiver Kompetenz erzielt werden. In den Ethik-Trainings werden Manager empfindsam für die Ansprüche und Interessen anderer gemacht und zu „Moral Leaders“ erzogen. Methoden hierfür sind z.B. Fallstudiensimulationen, Dilemma-Analysen und Dilemma-Diskussionen, Rollenspiele oder Ethik-Simulationen. Durch die Trainings soll die moralische Urteilskraft von Managern gesteigert werden, indem diese v.a. die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel erlernen.

5.4 Whistleblowing

Whistleblowing (engl.: „Verpfeifen“, „Skandalaufdecken“) bezeichnet das Aufdecken von Missständen (z. B. Korruption, illegale Geschäfte) oder allgemeinen Gefahren (z. B. drohende Umweltschäden) innerhalb eines Unternehmens. Der Whistleblower erfährt von den unmoralischen Praktiken des Unternehmens an seinem Arbeitsplatz und bringt diese an die Öffentlichkeit. Es ist klar, dass Whistleblower so nicht selten ihren Arbeitsplatz und ihren Ruf aufs Spiel setzen. Um zu verhindern, dass sich Whistleblower trotz des Erkennens von nicht tolerierbare Gefahren, Risiken und Fehlentwicklungen innerhalb des Unternehmens nicht trauen diese zu enthüllen, können Unternehmen innerbetriebliche, gebührenfreie Ethics-Hotlines einrichten. Moralische Unregelmäßigkeiten können auf diese Weise anonym angezeigt werden. In den USA werden Whistle-Blower oftmals als Helden verehrt, wohingegen in deutschen Unternehmen Whistleblowing bisher ein stark vernachlässigtes Instrument der Ethikimplementierung ist. Bedingungen für ein Informieren der Öffentlichkeit sind im Wesentlichen, dass (1) das Unternehmen durch seine Produktpolitik der Öffentlichkeit Schaden zufügt, dass (2) der Arbeitnehmer ernsthaften Betrug gegenüber den Geschädigten feststellt, dass (3) der unmittelbare Vorgesetzte auf Anzeige des Arbeitnehmers nicht tätig wird, dass (4) der Mitarbeiter sicherstellen kann, dass seine Sichtweise der Situation objektiv ist, und dass (5) die Enthüllung zu einer möglichen Verhaltensänderung führen kann.

6. Ausgesuchte Web-Links

DNWE, Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
EBEN, European Business Ethics Network

Das DNWE ist ein nationaler Verband des European Business Ethics Network (EBEN) und ist um die Förderung des interkulturellen Dialogs über Fragen der Wirtschafts- und Unternehmensethik bemüht. EBEN unterhält Kontakte zu allen wichtigen internationalen Vereinigungen im Bereich der Wirtschaftsethik. Das DNWE verfolgt das Ziel, den Austausch von Gedanken und Ideen über ethische Fragen des Wirtschaftens zu fördern und wirtschaftliches Handeln ethisch zu orientieren, um zur Lösung von moralischen Dilemmasituationen im wirtschaftlichen Wettbewerb beizutragen.

www.dnwe.de

www.eben-net.org

ZfW, Zentrum für Wirtschaftsethik

Das Zentrum für Wirtschaftsethik (ZfW) beschäftigt sich hauptsächlich mit Werte-Management-Systemen und der Konzeption und Durchführung von praxis- und anwendungsorientierten Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen. Das ZfW ist das wissenschaftliche Institut des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik – EBEN Deutschland e.V. (DNWE). In enger Kooperation mit anderen Instituten aus Wissenschaft und Wirtschaft fördert das ZfW in Deutschland und Europa die Anwendungsorientierung der Wirtschafts- und Unternehmensethik.

www.dnwe.de/2/content/ba_01.htm

FESI, Forschungsinitiative Ethik und Soziale Institutionen

Die „Forschungsinitiative Ethik und Soziale Institutionen (FESI)“ interessiert sich besonders für die Herausforderungen der modernen „Organisationsgesellschaft“ und ihrer institutionellen Landschaft. Diese ergeben sich aus Ansprüchen verschiedener Wertsphären ergeben wie z.B. dem Spannungsverhältnis zwischen Ökonomik und Ethik. Die Wissenschaftler arbeiten in den Bereichen Wirtschaftsethik, Diakoniewissenschaft, Sozial- und Gesundheitswesen an der Schnittstelle von Ethik und Ökonomik in sozialen Institutionen. Forschungsschwerpunkte liegen auf Fragestellungen des Gesundheitswesens, der Pflegewissenschaften und des professionellen Handelns.

www.fesi.info

zfwu, Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik

Die zfwu ist eine wissenschaftliche Fachzeitschrift. Durch ihre interdisziplinäre theoretische und praktische Ausrichtung an der Schnittstelle von Ökonomie und (praktischer) Philosophie stellt sie in erster Linie der Wissenschaft, aber auch interessierten Vertreterinnen und Vertretern von Wirtschaft, Politik sowie anderen relevanten Institutionen ein wirtschaftsethisches Diskussionsforum auf hohem Niveau zur Verfügung.

www.zfwu.de

sfwu, Schriftenreihe für Wirtschafts- und Unternehmensethik

Mit der „Schriftenreihe zur Wirtschafts- und Unternehmensethik“ soll ein Rahmen geschaffen werden, innerhalb dessen im besonderen Maße Dissertationen und Habilitationen, aber auch weitere Monographien und Sammelbände zur wirtschafts- und unternehmensethischen Diskussion ihren Platz finden. Den Herausgebern geht es um eine Befruchtung der wirtschafts- und unternehmensethischen Diskussion in Theorie und Praxis. Die wirtschafts- und unternehmensethische Perspektive wird dabei sehr weit gefasst, um einerseits ein hohes Maß an Interdisziplinarität zu fördern und andererseits einen inhaltlichen und methodischen Pluralismus zu gewährleisten. Die Schriftenreihe, ebenso wie die Zeitschrift, wendet sich damit sowohl an die beteiligten Disziplinen der Wissenschaft wie auch an Vertreter und Vertreterinnen aus Wirtschaft und Politik.

www.sfwu.de

Corporate Social Responsibility-News

Die Internetseite zielt im besonderen Maße auf eine stärkere Verbindung von Praxis und Wissenschaft im Bereich der Unternehmensethik sowie auf eine stärkere internationale Einbindung der Diskussion ab. Das Herzstück von csr-news.net ist der Nachrichtenbereich. Benutzer haben hier die Möglichkeit, aktuelle Meldungen aus dem eigenen Arbeitsbereich zu veröffentlichen. Dies funktioniert denkbar einfach über das Ausfüllen eines kurzen Online-Formulars. csr-news.net verfügt ferner über eine umfangreiche Linksammlung zum Thema Unternehmensethik, die bereits mehr als 250 Einträge umfasst. csr-news.net ist international ausgerichtet. Es können Meldungen in deutscher, englischer, französischer, spanischer oder italienischer Sprache geschaltet werden. Das Angebot ist kostenlos.

www.csr-news.net

Sneep, Student Network for Ethics in Economic Education and Practice

Sneep ist ein von Studierenden gegründetes Netzwerk, welches das Ziel hat, einen Beitrag zur weiteren Etablierung der wirtschaftsethischen Diskussion an Universitäten und zu einem fruchtbaren Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis zu leisten. Dies soll geschehen, indem sneep (1) eine Kommunikationsplattform für Interessierte bietet, (2) Informations- und Aufklärungsarbeit an Hochschulen leistet und darüber hinaus (3) fachspezifische Praktika vermittelt.

www.sneep.info

7. Literatur

Brink, A. & Tiberius, V. A. (2005): Ethisches Management: Der wert(e)orientierte Führungskräfte-Kodex, Bern et al.: Haupt.

Eurich, J.; Brink, A.; Hädrich, J.; Langer, A. & Schröder, P. (2005): Soziale Institutionen zwischen Markt und Moral. Führungs- und Handlungskontexte, Wiesbaden: VS Verlag.

Brink, A.; Eurich, J.; Hädrich, J.; Langer, A. & Schröder, P. (2005): Gerechtigkeit im Gesundheitswesen, Reihe: Sozialpolitische Schriften, SPS 88, Berlin: Duncker & Humblot.

Baumann, E.; Brink, A. & May, A. (2006): Hans-Martin Sass: Differentialethik – Anwendungen in Medizin, Wirtschaft und Politik, Münster und London: Lit.

Brink, A. (2004): Managementethik in der Unternehmenspraxis, in: Franz, O. (Hrsg.): RKW-Handbuch Führungstechnik und Organisation (Loseblatt-Sammlung), Kennzahl 1261, Schmidt: Berlin, 1-79.

Brink, A. (2006): Ethik-Kodizes. Zur freiwilligen moralischen Selbstverpflichtung von Führungskräften, in: Franz, O. (Hrsg.): RKW-Handbuch Führungstechnik und Organisation (Loseblatt-Sammlung), Kennzahl 1261, Schmidt: Berlin.

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